zwischenwelten

Ich hatte um diese Uhrzeit mit niemandem mehr gerechnet und schon gar nicht mit Dir, als es an der Tür klingelte. Schlaftrunken öffnete ich und war völlig überrascht. Aber auch erfreut. Der Blick, der mir da aus dem Türrahmen zugeworfen wurde, verhalf mir zurück ins jetzt. Natürlich war einiges anders. Viele Worte hatten wir gewechselt, Dinge besprochen, Thesen aufgestellt. Wir saßen da, schauten uns an, und irgendwas war da. Unausgesprochen. Wir warfen uns gegenseitig Gedanken zu, untersuchten sie, verwarfen sie wieder. Inzwischen war es spät geworden. Du saßt neben mir, mit diesem Lächeln, welches ich doch so gut kenne und diesem Blick, der mich einfach verstummen lässt. Dieser Blick, der mir all die Entscheidungen abnimmt. Es machte alles so viel einfacher. Und doch eben nicht. Es ging so schnell, dass Du wieder in dieser Tür standest, die ich Dir eben noch unwissend geöffnet hatte. Ich stehe am Fenster. Du bist schon lange weg und mir ist trotzdem noch, als sähe ich Dich gerade die Treppen hinunter gehen, als versuchte ich Dich festzuhalten. Es wird mir nicht gelingen. Ich sehe hinab auf die leere Straße. Die Laternen spiegeln sich matt im Kopfsteinpflaster. Es ist so leicht, die Dinge einfach so zu lassen, wie sie sind, einfach aufzugeben. Ich könnte einfach gehen, das Licht ausmachen. Mir einreden, dass da nichts war, nichts sein kann. Auf der anderen Straßenseite hält ein Taxi, jemand steigt aus, verschwindet allein in einem Hauseingang. Würde das etwas besser machen? Die gleichen Gedanken sind da immer und immer wieder in meinem Kopf. Ich überlege, wie das wäre, wenn es nicht wäre. Wenn all das nicht ist. Ich komme zu keinem Schluss, weiß nur, dass es so sein muss – oder eben nicht sein darf. Die Minuten vergehen in Dunkelheit. Später am Telefon weiß ich wieder, warum es so ist, wie es ist. Ich muss lachen, als ich Deine Stimme höre. Die Gewissheit kehrt zurück, das Vertraute. Draußen erlöschen die Straßenlampen. Ich höre Dir zu. Es ist wie Musik, die leise und sanft durch den Raum schwebt, ihn in ein anderes Licht taucht. Als wir auflegen, kann ich sie sehen. Als ich die Augen schließe, kann ich sie hören. Gute Nacht. Und achte auf die Musik.

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