Oświęcim

auschwitz-1.jpgDer Regen tropft von dem alten Dach. Der nasse Backstein schimmert dunkelgrau durch den Nebel. Die Luft ist feucht und kalt. Ich blicke auf eine kahle Fläche, die von alten Mauerresten durchbrochen wird. Symmetrisch angeordnet verschwinden sie scheinbar am Horizont im Nebel. Der Wind pfeift durch die zerbrochenen Scheiben. Ich habe gehört, was hier passiert sein soll. Man hat mir von der Bedeutung dieses Platzes berichtet. Mir ist kalt und ich habe zwar gehört, was das alles bedeutet, begreifen kann ich es aber nicht.

Fast zwanzig Jahre später befinde ich mich erneut an diesem Ort. Es wurde einiges hergerichtet, geöffnet, begehbar gemacht. Aber auch begreifbarer? Ich bin reifer geworden, lese die Dokumente ganz anders, betrachte die Berge von Schuhen und Koffern mit einem anderen Auge. Und als ich im Nebenraum des alten Krematoriums stehe, ist mir viel bewusster, wo ich mich befinde.

Die Schritte durch die alten, hölzernen Baracken sind real. Genauso real wie die höhnischen Inschriften auf dem alten Holz. Genauso real, wie der Boden, auf dem sich wahrscheinlich Unglaubliches abgespielt haben muss.

birkenau.jpgDer Blick wird von einem großen Bild auf der weißen Decke gegenüber des Eingangs eingefangen. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Dieses beklemmende Gefühl lässt mich nicht wieder los. Es hält mich fest, als ich durch die jetzt leeren Gänge der alten Steinbaracke laufe. Vorbei an unmenschlich anmutenden Nischen mit Holzpaletten, drei übereinander, acht Menschen pro “Fach”. Mich schüttelt es.

Ich laufe weiter über diese lange Straße, gesäumt von Stacheldraht. Mein Kopf versucht, die Eindrücke zu begreifen, versucht, diesen realen Ort mit den alten Fotografien in Einklang zu bringen. Mir ist kalt, als ich am Ende der Straße ankomme. Mir fröstelt bei den Gedanken an das, was hier vor fast 65 Jahren passiert ist.

Wieder haben meine Augen all das gesehen. Noch viel mehr weiß ich jetzt über diesen Ort. Begreifen oder verstehen kann ich all das dennoch nicht. Zu unfassbar ist, was Menschen hier geschaffen, was Menschen hier ihresgleichen angetan haben.

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