nachtgebet

das glas hat links und rechts zwei ecken, an denen man sich hervorragend ausruhen kann. man denkt dann ganz leicht, dass es ja so schlimm nicht sein kann, wenn hier sogar blumen blühen können. die wolken, die sich noch eben im glanz der sonne als helden gefeiert haben, müssen nun auch einsehen, dass diese ganze schinderei keinen sinn mehr hat und packen ihre sachen. klaus von nebenan hatte sich schon lange überlegt, einmal eine reise zu machen. seine begleiter werden sein: seine gute laune, ein paar strickstrümpfe und eine alte holzeisenbahn. ganz weit weg sind dann diese dunklen flüsse der trauer, die sanft wabernd sich unter dem gedankengeäst entlang winden, um dann doch nur irgendwo zu versickern. klick, klick macht das telefon, wenn einen wieder einmal die sehnsucht anruft und man gerade nicht zuhause ist. dann stampft der ärger kräftig mit dem fuß auf, zischt einen drei mal an – und kann auch nichts weiter ausrichten. das blaue licht der stehlampe versprüht den charme einer essiggurke bei vollmond, kitzelt einen im nacken, wandert wie ein nebelschleier über die wände und zeigt einem die richtung an. ja, ja, schreit da die hoffnung mit letzter kraft. noch nicht, ruft das verlangen. leise hüpfen die gedanken von ast zu ast, von dach zu dach, schlängeln sich durch das offene fenster herab auf den fremden schreibtisch, verweilen einen augenblick, um dann mit froher botschaft zurückzukehren. das blaue licht dreht sich noch einmal herum, gähnt, und schaltet sich dann selbst aus. das hirn knipst den grossen projektor an, macht alles bunt, baut eine neue welt. bis morgen. gute nacht.

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